Im entschiedenen Fall war streitig, ob im Zusammenhang mit einem Wohnsitzwechsel in das Ausland ein Vermögenszuwachs (Beteiligungsbesitz) der Besteuerung unterliegt. Der Kläger war 2014 in die Vereinigten Arabischen Emirate gezogen und hatte seinen Wohnsitz in Deutschland aufgegeben. Zum Zeitpunkt seines Wegzugs war der Kläger an verschiedenen Kapitalgesellschaften mit inländischem Sitz beteiligt. Ab dem 1. Januar 2016 war der Kläger wieder unter einer inländischen Anschrift gemeldet. Zum 19. Dezember 2016 meldete er sich erneut aus Deutschland in die VAE ab. Zum 1. August 2017 meldete er wiederum den Rückzug aus den VAE nach Deutschland an.
Am 29. Dezember 2015 reichte der Kläger seine Einkommensteuererklärung für das Jahr 2014 (Streitjahr)
nach den Maßgaben beschränkter Steuerpflicht ein. Er erklärte, dass seine unbeschränkte Steuerpflicht durch Aufgabe des Wohnsitzes in Deutschland zum 31. Dezember 2013 beendet worden sei. Es handele sich aber nur um eine vorübergehende Abwesenheit i.S. des § 6 Abs. 3 AStG, da er ab dem 1. Januar 2016 seinen Wohnsitz wieder nach Deutschland verlegen werde. Das Finanzamt erfasste für das Streitjahr Veräußerungsgewinne i.S.v. § 6 Abs. 1 AStG i.V.m. § 17 EStG, da die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 AStG für ein Entfallen der Wegzugsbesteuerung wegen nur vorübergehender Abwesenheit nicht erfüllt seien. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.
Der BFH widersprach dem Finanzgericht. Es habe fälschlicherweise angenommen, dass im Streitfall die Voraussetzungen für eine Rückausnahme zur Wegzugsbesteuerung nicht erfüllt seien.
Die Voraussetzungen der Wegzugsbesteuerung gem. § 6 Abs.1 S. 1 AStG lägen zwar grundsätzlich vor. Beruhe die Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht auf vorübergehender Abwesenheit und werde der Steuerpflichtige innerhalb von fünf Jahren seit Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht wieder unbeschränkt steuerpflichtig, entfalle der Steueranspruch nach § 6 AStG. Im vorliegenden Fall sei der Steueranspruch auf der Grundlage der sog. Wegzugsbesteuerung aber mit Blick auf den schon im Rahmen der Veranlagung des Streitjahres bekannt gewordenen Wiedereintritt der unbeschränkten Steuerpflicht im Jahr 2016 „nachträglich“ entfallen. Es liege eine sog. vorübergehende Abwesenheit des Klägers vor.
Die Voraussetzungen für die Annahme einer vorübergehenden Abwesenheit waren bisher umstritten. Nach Auffassung der Finanzverwaltung und Teilen der Literatur wird im Sinne einer „subjektiven Theorie“ für das Merkmal der vorübergehenden Abwesenheit vorausgesetzt, dass bei Wegzug der Wille des Steuerpflichtigen zur Rückkehr und damit der Wille, wieder unbeschränkt steuerpflichtig zu werden, bestehen muss, und dass dies glaubhaft zu machen ist.
Demgegenüber wird in der Literatur bei der „objektiven Theorie“ ein Rückkehrwille als Tatbestandserfordernis abgelehnt, da das Merkmal der „vorübergehenden Abwesenheit“ allein das gesetzgeberische Motiv für das Entfallen der Wegzugsbesteuerung benenne, ohne dass dies als absichtsbegründete eigentliche Tatbestandsvoraussetzung verstanden werden könne. Bei der „eingeschränkten objektiven Theorie“ wird die Auffassung vertreten, dass auch unter Berücksichtigung einer Rückkehrabsicht die „fristgemäße Rückkehr“ für das Entfallen der Wegzugsbesteuerung zumindest in den Fällen ausreicht, in denen die Rückkehr innerhalb von fünf Jahren erfolgt.
Der BFH schließt sich der „eingeschränkten objektiven Theorie“ an. Der Wortlaut des § 6 Abs. 3 S. 1 AStG gebe zum Zeitpunkt der entsprechenden Willensbildung keine Auskunft. Damit löse der Umstand der tatsächlichen zeitgerechten Rückkehr das Entfallen der Belastung aus und indiziere das Beruhen der Rückkehr auf einer ursprünglich bestehenden Rückkehrabsicht. Im Streitfall sei der auf der Wegzugsbesteuerung begründete Steueranspruch wegen des schon im Rahmen der Veranlagung des Streitjahres 2014 bekannt gewordenen Wiedereintritts der unbeschränkten Steuerpflicht im Jahr 2016 nachträglich und mit Wirkung auf das Streitjahr 2014 entfallen.
Hinweis: Die Dokumentation einer Rückkehrabsicht sollte bereits bei Wegzug erfolgen und auch gegenüber dem Finanzamt dokumentiert werden. Die Reaktion der Finanzverwaltung auf das Urteil bleibt abzuwarten.
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